WDW 2016

 

 

Wiederholungstäter?

 

Alle 2 Jahre wieder kommt das grosse Ducati Fest in Misano in den Kalender eines jeden echten Ducatisti, oder so ähnlich. Leider liegt mein letzter Besuch der Kultveranstaltung schon ein paar Jährchen zurück und so erlag ich dem Angebot, mit einem Ducatisti per Auto an die vielleicht verrückteste Ducati Veranstaltung zu fahren. Mit dem Auto, werden nun einige sagen, und ich gebe zu, es ist etwas Warmduschergefühl dabei, aber ehrlich, wir haben die Klimaanlage nie angeschaltet. Und wir hatten auf dem Anhänger 2 Ducatis dabei, so lässt sich das halbwegs verantworten, aber später mehr…

 

Marketing in Reinkultur

 

Es ist schon immer wieder erstaunlich, welche Massen an Motorradverrückten es gibt, alleine Ducatistis sind vielleicht noch etwas verrückter und die Verantwortlichen für dieses Fest wissen das haargenau. So entsteht ein Programm, das vor allem eines zelebriert: Ducati, die Geschichte und die Rennerfolge im Speziellen, die Fahrer und ehemalige Piloten und das Zusammengehörigkeitsgefühl. Wahrscheinlich ist es genau diese Mischung, die also alle 2 Jahre unzählige Freunde der italienischen Traditionsmarke nach Misano zieht. Vor ein paar Jahren amüsiierte man sich über eine US Marke aus Milwaukee, die ihre Maschinen sehr clever an den wohlhabenden und kultsuchenden Kunden verkaufte und dazu gleich das ganze rundum dabei und im Trendpaket anbot. Mit Motorradfahren hat das alles nur bedingt zu tun, aber ich glaube, heute in unserer so perfekten und alles bietenden Welt, sehnen sich Menschen wieder nach Eigenständigkeit und Individualität. Ich denke, um wieder zu Ducati zu kommen, hier an die Neuauflage des Scramblers und all seiner Versionen. Die Zubehörliste ist endlos, so dass jeder “seinen” Scrambler bauen kann, ohne dass der Dorfschlosser zupacken muss. Also ich verneige mich vor den Geschicken der Verantwortlichen, die Organisation ist gelungen und kommt an.

 

Unser Club

 

Nun, Misano liegt nicht gerade um die Ecke, und so braucht es also schon noch etwas Überwindung, um den langen Weg auf sich zu nehmen. Mein Dank geht an dieser Stelle an Familie Müller, die auf dem Camping eine Art Basis für uns schafften. Sie reservierten genügend Platz für die später Anreisenden, stellten Stühle und anderes in ausreichender Menge zur Verfügung. Ihr Wohnwagen war so Dreh- und Treffpunkt. Nebst Frühstück in gemütlicher Atmosphäre wurde auch immer ein Schlummerbecher angeboten. Und eben auch viele Gespräche und Diskussionen wurden in diesem Kreis abgehalten. Und das ist für mich auch ein guter und wichtiger Teil des WDW 2016. Unser Club lebt von solchem Einsatz, erst das gemeinsame Erleben bringt den Spass und Zusammenhalt.

 

Was wird geboten?

 

Laut Programm stehen verschiedene Aktivitäten auf und neben der Rennstrecke von Misano an, dort werden Autogrammstunden unserer MotoGP Helden und Superbiker angekündet, es gibt ein kleines Museum mit sehr spannenden Exponaten und Stände von diversen Zulieferbetrieben wie Termignoni, Unibat, Gates etc , wo kompetent gefachsimpelt werden kann. Weiter bietet das Gelände Shops mit regulären und verbilligten Ducati Zubehörteilen, speziell natürlich Bekleidung, dann sind Stände mit Scrambler Varianten und vielen Teilen dazu present, an den Boxenrückseiten stehen die aktuellen Rennmaschinen zum träumen bereit und es gibt natürlich jede Menge Verpflegungsstände. Weiter sind da Zelte mit netten Damen, die unsere Lederkluft und Helme in der Zeit unseres Besuches aufbewahren.Auch sonst wird ziemlich ungeniert das starke Geschlecht von tanzenden Fräuleins mit eher knapper Bekleidung auf irgendwelche Produkte oder Angebote aufmerksam gemacht. So bietet der neue Eigner Audi seine Sportwagenpalette inkl. Lamborghini ausgiebig an, nur falls ein Ducatisti auch auf 4 Rädern was auffallendes sucht und auch VW wird mit T6 Transportern mit speziellem Innenausbau für Transport und Betreuung von Ducati Rennern angeboten, was durchaus Potenzial hat.

Daneben laufen auf der Rennstrecke verschiedene Unterhaltungsprogramme, nebst den Audi CUP Rennern und Lamborghini (blanc pain Series) machen auch angemeldete Besucher mit ihren Ducatis die Strecke unsicher. Es ist erstaunlich, wie breit die Spreizung ausfällt und der eine oder andere zu optimistische Teilnehmer machte nicht den vollen Turn, was ganz im Sinne der mutig angasenden Kollegen war.

 

Höhepunkte auf der Strecke waren Doppelsitzer Fahrten auf Panigale Superbikes, einmal mit Superbikestars auf Tuchfühlung gehen und dann gleich noch eine neue Dimension der Fahrdynamik erleben ist wohl atemberaubend. Zu hoffen ist, dass die Passagiere wirklich sattelfest und schwindelfrei sind und keinen Unsinn machen, denn wie da angegast wurde, da bleibt kein Auge, oder muss ich sagen, keine Unterhose trocken? Es ist schon beeindruckend , wie spät die Profis ihre Bremspunkte setzen, um dann in voller Schräglage bereits wieder heftig ans Gas zu gehen. Und das alles noch mit einem 90kg Rucksack.

Danach schüttelten die Cracks an der Box die Rucksäcke ab und zeigten Solo ihr Können, noch gewagter und spektakulärer, Überholmanöver, Ausbremsversuche, Wheelies und in der Auslaufrunde auch Burnouts vor den Tribünen. Stars wie Troy Bayliss, Rubens Xaus, Andrea Dovizioso oder Iannone, Chaz Davies, Davide Giugliano und andere, mit ihren Werkzeugen Desmosedici oder Panigale. Das Volk tobte und applaudierte.

 

Die Fans altern

 

Troy Bayliss hatte eine Autogrammstunde angesagt und als Fan des früheren Ducati Superbike Meisters wollte ich unbedingt ein Autogramm auf einem hübschen Aufkleber ergattern. Die jungen Fans werden wohl Bayliss nicht kennen, der ja im Ruhestand ist, die Schlange am Treffpunkt, 30 Minuten vor dem Termin, sprach aber eine andere Sprache. Heiss brannte die Sonne auf die wartende Menge nieder und als Trost blieb mir nach einiger Zeit, dass ich mich nun doch bereits im vorderen Drittel aufhielt. Die Traube wuchs und wuchs. Ich dachte an das letzte WDW, muss so um 2002 gewesen sein, da war ich ganz alleine bei Falappa, mit dem Goldstift, und der war damals auch etwa 10 Jahre in Rente...Die Ducati Fans werden älter dachte ich und wurde wieder in alle Richtung geschoben. Nun, es lohnte sich auszuharren, wobei es wirklich ein furchtbares Gedränge wurde, als Troy gut gelaunt und pünktlich erschien, er hatte auch für jeden ein paar Worte oder Geduld für ein gemeinsames Bild übrig. Ein Star zum Anfassen.

 

Business

 

Den weitaus grössten Teil der Attraktionen machen aber die unendlich vielen Ducatis und deren Besitzer und Besitzerinnen aus. Sie sind es, die das vorbereitete Gelände – praktisch den Hafen - fluteten. Sie bringen die Farbe, die nicht nur ROT sein darf, aber schon mehrheitlich ist, sie bringen die Emotionen, den Sound, die Aufmerksamkeit, die Leidenschaft. Viele tragen Ducati Kleidung, haben Zubehör von Ducati, auch die Freundinnen und Frauen der Ducatistis sind oft voll dabei, zelebrieren das Lebensgefühl und geniessen die Blicke, auch wenn, ehrlich gesagt, nicht alles sehenswert ist, was gezeigt wird. Endlos reihen sich die Kultmotorräder Bolognas, jetzt im Besitze von Fans aus aller Welt im Infield. Vorwiegend neue Modelle sind zu sehen, individuell veredelt und personalisiert, ab und zu ein Exot eine R oder SP, eine Pantah oder Paso. Königswellen Twins musste man suchen, aber die Einzylinder Scrambler haben einen enormen Schub erhalten, es sind einige schöne Exemplare zu sehen, im eigens markierten Scrambler Bereich, wo auch der aktuelle Nachfolger in vielen Varianten gezeigt wird.

Bei der sengenden Hitze suchen die meisten Schatten und der wird bei den Restaurants und auch den ländereigenen Lounges geboten und gerne benutzt. So verwundert es nicht, dass auch wir mehrmals an diesem Tage diese Plätze aufsuchen, uns verpflegten und etwas erholten vom vielen ansehen und staunen. Dabei konnte man die benachbarten Ducatistis mit ihren Tatoos und Fankleidern studieren. Welche Vielfalt, welche Kreativität!

 

All das sollte man sich mit Kollegen (am besten auch Ducatistis) ansehen und diskutieren, das macht mehr Freude als alleine durch die Massen schlendern, es ist ein kommen und gehen, alles in Bewegung und im Fluss. Gewagte Bekleidung konkurriert mit aufwendigen Umbauten, braungebrannte Haut kämpft mit Chrom oder Titan um Aufmerksamkeit. Es ist durchaus unterhaltend, spannend, etwas Jahrmarkt, etwas Fleischschau, sehen und gesehen werden - dabei sein. Mancher fühlt sich wieder etwas jünger, attraktiver, es geht schließlich auch um gute Kunden, die man bei Laune halten muss, ein attraktives Menu bieten. Money makes the World go round. Im Secret-Container wurde das noch geheime neue Modell gezeigt, das worauf viele Fans also warten , das was uns schon bald stolz werden lässt, wenn wir dann das begehrte Modell spazieren fahren dürfen. Dazwischen würde dann noch etwas Kleingeld den Besitzer wechseln, den Kreislauf am laufen halten...

 

Neue Länder, der gleiche Reiz

 

Viele Besucher kommen aus jungen Märkten, Ostländer, die aufstrebende Junge hervorbringen, die solchen Kult suchen und leben mit den neusten Panigale und Multistrada Modellen. All das macht die Marke Ducati farbig, spannend, vielschichtig und international. Es ist eine grosse Aufgabe, all die Fans für so einen Event zu gewinnen und dann auch zufrieden zu stellen. Die Frage ist, was man erwartet. Mir war die Kameradschaft, das Zusammensitzen und Plaudern, der Kontakt im Club am wichtigsten. Am Ducati Geburtstag gäb es das viel näher und einfacher, wenn nur das Wetter besser wäre. Da kann es die Schweiz mit Misano einfach nicht aufnehmen. Aber ich glaube, nächstes Jahr ist unbedingt der Geburtstag wieder dran, dann gibt’s ja auch kein WDW...

 

 

Das Beste zum Schluss

 

Wie gesagt, ich wiederhole mich gerne: Es war schön, und dies vor allem durch die herzliche Gastfreundschaft des Ducati Vorstandspaares Müller sie organisierten auch immer Nachtessen, Apero etc. in tollen Lokalitäten, hatten sich schon ein paar Tage vorher in Misano eingenistet und alles für uns vorbereitet. Ob es nun der Aperitivo im alten Hafen, das Nachtessen am Sand war oder ein superbes Gleloto in der lokalen Gelateria (12 x 1 Euro = 1 Kübel Glace mit 7 Aromen und viel Gelächter) - wir hatten es immer lustig und unterhaltsam. Ach: Gibt es noch Limoncello für alle?

 

Nochmals : Vielen Dank !

 

Frank Hediger